Burnout. Eine Krankheit, die heute so verbreitet ist wie Depressionen.
Vor allem viele junge Menschen erleiden diesen. Ich war und bin persönlich auch betroffen. Denn so viele Möglichkeiten wir heute haben, so viele Anforderungen und Erwartungen prasseln auch von allen Seiten auf uns ein. Man mag sagen, das sei „Jammern auf hohem Niveau“- „Erste-Welt-Probleme“ sozusagen, aber ich frage dich: Wieso sind die Probleme, die wir hier haben weniger wichtig, als die in anderen Ländern? Und wie wollen wir IRGENDWO auf der Welt wirklich etwas ändern, wenn wir nicht hier bei uns, vor der eigenen Haustür, ja im eigenen Leben damit anfangen?
Ich sehe das so: Nur weil wir uns hier nicht täglich im Kriegszustand befinden oder Hunger leider müssen, können wir uns doch diese Gedanken machen und an einer besseren Welt bauen,- weil unsere Grundbedürfnisse gedeckt sind. Und da wir diese Möglichkeiten haben, sollten wir diese auch nutzen. Ich versuche ein neues Bewusstsein für den Umgang mit „Krankheiten“ in die Welt zu bringen. Und nur, wenn wir eine Krankheit wie Burnout auch wirklich Ernst nehmen, können wir an ihrer Heilung mitwirken. Zum Glück ändert sich dahingehend schon Vieles im Bewusstsein der Menschen, war der Begriff „Burnout“ doch viele Jahre garnicht als Krankheit anerkannt sondern lediglich eine Zusammenfassung verschiedenster Erschöpfungssymptome.
Wichtig ist erstmal zu verstehen, dass jede so weit verbreitete Krankheit- also eine sog. „Volkskrankheit“ NIE nur ein individuelles Problem ist, sondern ein Spiegel des Kollektiven. Irgendetwas läuft auf mehreren Ebenen ganz furchtbar schief, wenn (junge), motivierte und für etwas „brennende“ Menschen, reihenweise ausbrennen. Das liegt meiner Beobachtung nach an den Strukturen in denen unsere Gesellschaft immer noch funktioniert. Wie zB. fehlende monetäre, sowie kommunizierte oder in anderer Form ausgedrückte Wertschätzung und Anerkennung in herausfordernden Tätigkeitsbereichen, fehlendes Bewusstsein für Ruhepausen und Phasen der Regeneration im Alltag, Erwartungen zu „leisten“, zu „tun“ und zu „erreichen“, statt zu sein – uvm.
Ich möchte hier weniger auf die mannigfaltigen Ursachen, oder auf die Vielfältigkeit des Krankheitsausdrucks eingehen- dazu gibt es genug Fachliteratur im Internet, sondern vielmehr meinen ganz persönlichen Blick auf die Dinge eröffnen und konkrete Handlungsstrategien an die Hand geben. Ich selbst habe in dem letzten Jahr meines Krankheitsverlaufs einige Bücher* (Empfehlungen am Ende des Artikels) zum Burnout gelesen und wenn ich eine einzige Essenz daraus ziehen müsste, die ich jedem mitgeben möchte, der darunter leidet, dann ist diese folgendes:
Es ist keine Schande zusammen zu brechen. Es ist nicht DEIN persönliches Versagen oder dein Fehler.
Einen Burnout erleiden tatsächlich nur Menschen, die sehr motiviert sind und viel viel leisten. Das heißt, du zählst zu den Menschen, die wirklich anpacken und keine Mühen scheuen um Bestergebnisse auf vielen Ebenen ihres Lebens zu erzielen. Man muss einfach wissen, dass das „Ausbrennen“ immer nur irgendwann nach dem „Brennen“ passiert- das heißt, du hast für etwas „gebrannt“ oder warst „Feuer und Flamme“.
Und wenn es eins gibt, dass solche Menschen scheuen, dann ist das: Nichtstun und entspannen. Und genau dieses zu lernen ist die Heilung. Sich auf die eigenen innersten Lebenszyklen zurückzubesinnen und die eigenen Grenzen zu achten, zu schützen und einzuhalten ist ein Lernweg, der erst mit Selbstakzeptanz und dann irgendwann mit Selbstliebe Hand in Hand geht.
Vor kurzem las ich folgenden Satz: „Learn to rest- and not to quit.“ der mich seither begleitet wie ein Mantra und heute sehr stark in mein Bewusstsein zurückgekommen ist. Für mich bedeutet er, dass es nicht nötig ist „auszusteigen“, wenn ich früh genug Pausen mache.
Denn ein Burnout bremst komplett aus. So sehr, dass erstmal kaum ein Weiterfahren in den bisher gewohnten Lebensstrukturen möglich ist. Der Körper streikt komplett und die Psyche auch. Es ist wirklich schrecklich und ich fühle mit jedem mit, der dies auch schon erfahren musste. Es fühlt sich erstmal an wie das Ende der Welt… aber tatsächlich kann daraus ein wirklicher Neuanfang erwachsen, wenn du die Chance in der Krise siehst. Verliere niemals den Blick auf das Gute in allem.
Viele Menschen müssen komplett aufhören in dem Beruf zu arbeiten, in dem sie bisher tätig waren und sich neu orientieren. Oder aber andere Umfelder und Beziehungen in ihrem Leben neu überdenken, die ihnen Kraft rauben, statt ihnen Kraft zu spenden. Sie müssen anfangen zu lernen, dass der Körper eben keine Maschine ist, die leistet und leistet, sondern dass er ein fühlendes, sehr intelligentes Wesen ist, das beachtet und gut versorgt werden muss. Im Zustand der Krankheit entsteht im besten Falle ein Bewusstsein für das, was unser Körper die ganze Zeit für uns leistet und was uns sonst als selbstverständlich vorkommt.
In unserer heutigen Zeit, in der wir immer alles sofort und auf Knopfdruck haben wollen und vermeintlich auch haben können, legen wir viel zu hohe Erwartungen an uns. Wir werden von allen Seiten (vor allem auf Social Media) von Bildern des perfekten Traumlebens, das die anderen vermeintlich leben, bombardiert und versuchen das auch zu erreichen. Dabei eifern wir einem Ideal nach, wie der Esel, der die ganze Zeit die Möhre vor der Nase hat und sie nie, wirklich niemals erreichen kann! Wir verrennen uns in Illusionen. Denn kein Leben ist perfekt. KEINES!
Wenn wir das nicht früh genug erkennen, entfernen wir immer mehr von uns, unserem Inneren, unseren Zyklen der Innenschau und Regeneration und gehen über körperliche Grenzen, die wir schon lange spüren. Es ist nie genug. Wir müssen immer mehr und mehr leisten und erreichen um endlich vermeintlich anzukommen in unserem perfekten Leben. Wenn wir dies lange genug tun, brennen wir aus. Allerdings kommen bei einem Burnout viele verschiedene Faktoren zusammen. Dazu ein anderes Mal mehr.
Woran wir uns alle erinnern dürfen ist: Unser Leben ist bereits perfekt und vollkommen, so wie es ist. Auch wenn das niemand glaubt. Wir sind es schon. Wir sind so geboren.
Heute, hier und so wie wir sind, sind wir vollkommen, wertvoll und liebenswert. Das heißt nicht, dass wir nichts verändern sollen oder an uns arbeiten, sondern dass wir mit uns zufrieden sind. Denn wenn wir immer im Außen versuchen zu erreichen, was uns eigentlich im Inneren fehlt: Liebe und Zufriedenheit, werden wir immer leer ausgehen. Das ist im Außen nicht zu finden. Und damit wären wir bei der Selbstakzeptanz und der Einfachheit des Seins.
Was ich momentan lerne ist, dass die Welt sich weiterdreht, auch wenn ich mal aussteige.
Ja, dass die Welt sich ganz ohne mein Zutun in ihren Bahnen hält und dass 90% dessen, was ein Mensch wirklich erlebt- sein Leid, sein Hadern und sein Straucheln- auf Social Media nicht zu sehen ist.
Ich lerne, dass es keine verschwendete Zeit ist, wenn ich mal „Nichts“ tue und mich ausruhe. Im Gegenteil: nur wenn ich mich auch genügend ausruhe und wieder „auflade“ kann ich voll leistungsfähig sein. Bei unseren Smartphones ist uns das absolut klar, aber unseren inneren Akku lassen wir oft ganz leer laufen.
Ich lerne, dass es keinen Sinn macht sich an anderen Menschen zu orientieren, wenn es darum geht, wie ich mein Leben lebe, da mich nur ein Leben, das ich aus meiner eigenen Mitte, Tiefe und meinem Herzen heraus schöpfe, wirklich erfüllt und glücklich macht.
Ich lerne, dass ich meinen inneren Frieden nie wieder eintausche gegen äußere Erfolge oder vermeintliche Anerkennung und dass es für mich keinen höheren Wert gibt als wahrhafte Authentizität.
Fuck Burnout! Und doch…
er hat mich in dem Jahr, das er mich schon begleitet SO vieles gelehrt und ich bin ihm dankbar. Krankheit als Weg zu sehen um zu sich selbst zurückzufinden ist sehr sehr heilsam und kann ganz neue Perspektiven eröffnen, aus denen heraus eine Entwicklung möglich ist, die wir vorher vielleicht nur erahnen konnten.
Alles Liebe und Gute auf deinem Weg,
deine Hanna Blume
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*Literaturempfehlungen zum Burnout:
„Der brennende Hamster- arbeiten Sie noch, oder qualmen Sie schon?“- Axel Berge & Thorsten Thews (Sehr sehr lustig und kurzweilig- Humor ist ein super Hilfsmittel durch schwere Zeiten)
„Burnout- wenn Frauen über ihre Grenzen gehen.“ Sabine Fabach (Vor allem für Frauen, aus der weiblichen Perspektive, umfangreich, Mütter)
„Die Kunst in schwierigen Zeiten nicht durchzudrehen: Geniale Strategien für mehr Stärke und Gelassenheit im Alltag.“- Ralf Senftleben (Sehr ergiebig, konkrete Handlungsstrategien, Übungen)